Wichtige Journalistenregel: Stellen Sie die richtigen Fragen!

Der erste Abend ist vorbei beim 20. Forum Lokaljournalismus, die ersten Reden sind geschwungen – die ersten Erkenntnisse sind (naturgemäß) recht rar. Einige wenige gibt es dennoch.

Erkenntnis 1: Es darf gelacht werden. Sei es nun über die unfreiwilligen Nadelstiche, wenn beispielsweise der Eröffnungsredner die freien Hansestädte Bremen und Hamburg vertauscht, oder sei es wenn Ministerpräsident David McAllister freimütig verkündet: „Das schönste an Bremerhaven ist das niedersächsische Umland.“

Erkenntnis 2: Es darf gelobt werden. McAllister zumindest gab sich redlich Mühe, die Lokaljournalisten zu „bauchpinseln“, was in den Schlussworten mündete: „Wir mögen euch, wir brauchen euch.“ Darüber hinaus hatte der Ministerpräsident sechs „Thesen“ im Gepäck.

These 1: Die Heimatzeitung ist enorm wichtig. Lokalzeitungen stärken den Gemeinschaftssinn, sie schüren das Interesse an Kultur und Politik.
These 2: Die Lokalzeitung vermittelt ein Zuhause-Gefühl.
These 3: Lokaljournalisten schaffen Transparenz in schwierigen Vorgängen, sie öffnen dem Leser die Augen für lokale Demokratie.
These 4: Lokale Zeitungen machen große Politik konkret.
These 5: Lokale Berichterstattung wird immer vielfältiger.
These 6: Lokale Blätter sind weniger anfällig für Skandale und Übertreibungen.

Nette Worte, die der Ministerpräsident dabei hatte. Allerdings: Wenn die lokale Tageszeitung tatsächlich so heimatnah, fundiert, vielfältig und flexibel ist – wieso gibt es dann so viele Probleme? Oder andersrum: Wäre die lokale Tageszeitung in der Realität so, wie McAllister sie beschreibt, dann wäre der Auflagenschwund noch viel dramatischer. Denn was sollen wir noch dagegen tun, wenn wir doch schon Tag für Tag die optimale Zeitung produzieren? Am Ende blieb der Eindruck, dass McAllister selbst ein begeisterter Zeitungsfan – und deshalb  wohl einfach nett sein wollte.

Erkenntnis 3: Es darf gefragt werden. Bevor es auf eine Bustour durch das erstaunlich fit ausschauende Bremerhaven ging, sprach noch Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung. Genauer gesagt sprach er nicht, sondern stellte vor allem Fragen. Beispielsweise die Kernfrage: „Wie vermitteln wir dem Leser die Faszination Lokaljournalismus?“. Oder: „Wie entgehen wir dem Trend zur gepflegten Langeweile, zur mangelnden Themenvielfalt, zur fehlenden Recherche?“ Eine komplette Neujustierung sei dazu notwendig, findet Krüger, auch wenn das Ärger mit Lesern, Vereinen und Politikern bedeute. Denn das Schreiben für „Anspruchsgruppen“ könne kein Konzept mit Zukunft sein.  Nächste Frage: Warum fällt es so schwer, die Themen aus dem Alltag der Menschen (wie beispielsweise Klimawandel oder Migration) konsequent und vielfältig auch in den Lokalteil zu bringen?  Viele Diskussionsansätze, die Krüger den Teilnehmern für die kommenden beiden Tage mitgab. Und so blieb am Ende nur eine einzige Gewissheit: McAllister und Krüger lesen offensichtlich nicht die gleiche Lokalzeitung!

1 Kommentar

  1. Klingt noch ein bisschen nach "Bundeszentrale organisiert Klassenfahrt in den Landtag". Bin gespannt, was folgt, wenn das Spiel erst mal angepfiffen ist. #Aufwärmen #Hymnen #Wimpeltausch

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